Von Vico Luther, Johanna Raschke, Sophia Rötz, Dominik Rudolf Seibert,
A: Übersicht
Gegründet: Am 1. Juni 1998 wurde das Europäisches System der Zentralbanken (ESZB) gegründet, das aus den nationalen Zentralbanken der Euro-Mitgliedstaaten besteht. Die größten Anteile halten die Deutsche Bundesbank, die Banque de France sowie die Banca d’Italia.
Unterbau:
• Einheitlicher Aufsichtsmechanismus (SSM – Single Supervisory Mechanism)
• Einheitlicher Abwicklungsmechanismus (SRM – Single Resolution Mechanism)
• TARGET-Services (Zahlungssysteme wie TARGET2, TIPS)
Mitarbeiter: ca. 5.000 (Stand 2023)
Hauptadresse in FFM: Sonnemannstraße 20, 60314 Frankfurt am Main
Übersicht über die geldpolitischen Instrumente
Die Europäische Zentralbank (EZB) setzt verschiedene geldpolitische Instrumente ein, um ihr Hauptziel der Preisstabilität im Euroraum zu erreichen. Entscheidend dabei sind die Leitzinsen, die den Rahmen für die Geldpolitik vorgeben und direkten Einfluss auf die Finanzierungsbedingungen im Euroraum haben.
Die drei Hauptleitzinsen der EZB:
- Hauptrefinanzierungssatz: Dieser Zinssatz bestimmt die Kosten, zu denen Geschäftsbanken wöchentlich Liquidität von der EZB erhalten. Er dient als Leitindikator für die kurzfristigen Zinssätze am Geldmarkt und beeinflusst somit die allgemeinen Kreditkonditionen für Unternehmen und Verbraucher (Deutsche Bundesbank, 2023).
- Einlagefazilität: Dieser Zinssatz gilt für Einlagen, die Geschäftsbanken über Nacht bei der EZB halten. Ein niedriger oder negativer Einlagezins soll Banken dazu anregen, überschüssige Liquidität eher als Kredite an die Wirtschaft zu vergeben, anstatt sie bei der EZB zu parken (Europäisches Parlament, 2023).
- Spitzenrefinanzierungssatz: Dieser Zinssatz legt die Kosten für sehr kurzfristige Kredite fest, die Banken über Nacht von der EZB aufnehmen können. Er fungiert als oberes Ende des Zinskorridors und stellt sicher, dass Banken in Zeiten kurzfristigen Liquiditätsbedarfs Zugang zu Zentralbankgeld haben (Europäisches Parlament, 2023).
Durch die Anpassung dieser Zinssätze steuert die EZB die Geldmenge und die Kreditvergabe im Euroraum. Eine Senkung der Leitzinsen zielt darauf ab, die Kreditaufnahme zu erleichtern und die wirtschaftliche Aktivität zu stimulieren, während eine Erhöhung darauf abzielt, die Inflation zu dämpfen, indem sie die Kreditkosten erhöht und die Nachfrage reduziert (Europäische Zentralbank, 2023).
B: Wirtschaftliche Funktion
Welche Rolle spielt die Institution im Finanzplatz Frankfurt?
Die Europäische Zentralbank (EZB) spielt seit ihrer Gründung im Jahr 1998 als die zentrale Institution des Eurosystems eine entscheidende Rolle in der Stabilisierung und Regulierung der Finanzmärkte der Eurozone. Mit ihrem Sitz in Frankfurt am Main ist sie nicht nur für die Durchführung der Geldpolitik in den 19 Mitgliedstaaten verantwortlich, sondern hat sich auch als bedeutende Institution im Finanzplatz Frankfurt etabliert. Ihre Aufgaben gehen über die reine Geldpolitik hinaus und umfassen auch die Bankenaufsicht, die Förderung der finanziellen Infrastruktur und die Unterstützung von Innovationen im Finanzsektor.
Die EZB als Steuerungsinstanz der Geldpolitik
Die wichtigste wirtschaftliche Funktion der EZB besteht in der Festlegung und Umsetzung der Geldpolitik für die Eurozone, wobei der Hauptfokus auf der Sicherstellung der Preisstabilität liegt. Im Einklang mit den Vorgaben des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) hat die EZB die Aufgabe, die Inflation bei nahe 2 Prozent zu halten. Dieses Ziel bildet den Kern des Mandats der EZB und ist der Maßstab, an dem ihre geldpolitischen Maßnahmen ausgerichtet werden.
Das Mandat der EZB: Preisstabilität als Kernziel
Das Mandat der EZB unterscheidet sich von dem anderer Zentralbanken, insbesondere der Federal Reserve in den USA, die zusätzlich Ziele wie Vollbeschäftigung verfolgt. Die EZB hingegen konzentriert sich fast ausschließlich auf die Inflationskontrolle, da sie davon ausgeht, dass eine stabile Inflation langfristig zu nachhaltigem Wachstum beiträgt und wirtschaftliche Stabilität gewährleistet. In der Praxis setzt die EZB ihre Geldpolitik durch die Festlegung von Leitzinsen und durch unkonventionelle Maßnahmen wie die quantitative Lockerung (QE) um. Die Zinspolitik hat direkte Auswirkungen auf die Kreditvergabe und das Sparverhalten der Banken und der Verbraucher. Insbesondere Banken in Frankfurt, die als wichtige Finanzinstitutionen für die Eurozone agieren, spüren die Auswirkungen dieser geldpolitischen Maßnahmen. Die EZB hat ihre Leitzinsen 2023 weiter angehoben, um die Inflation zu bekämpfen, was die Finanzierungskosten für Banken und Unternehmen beeinflusste und somit den gesamten Finanzplatz Frankfurt stärkte. Die EZB sorgt auch durch die Kontrolle der Geldmenge und die Stabilisierung des Euros dafür, dass die Währung im internationalen Wettbewerb standhält. Frankfurt spielt dabei eine Schlüsselrolle, da es als ein globaler Finanzplatz eng mit der EZB und ihren geldpolitischen Entscheidungen verbunden ist. Durch die stabile Führung der EZB bleibt der Euro für internationale Investoren attraktiv, was die Bedeutung Frankfurts als globales Finanzzentrum weiter untermauert.
Kritik am Mandat der EZB
Die Kritik am Mandat der EZB konzentriert sich vor allem auf dessen enge Auslegung, die primär auf die Sicherstellung der Preisstabilität fokussiert ist. Kritiker bemängeln, dass andere wirtschaftliche Faktoren wie Wachstum und Beschäftigung zu wenig berücksichtigt werden, was insbesondere in wirtschaftlichen Krisenzeiten problematisch sein kann. Zudem wird argumentiert, dass Maßnahmen wie die quantitative Lockerung vor allem Vermögenspreise ansteigen lassen und dadurch wohlhabenden Investoren zugutekommen, während Sparer und einkommensschwächere Haushalte benachteiligt werden. Ein weiterer Kritikpunkt betrifft die fehlende demokratische Kontrolle der EZB, da sie als unabhängige Institution weitreichende wirtschaftspolitische Entscheidungen trifft, ohne dass diese direkt von gewählten Vertretern legitimiert werden. Darüber hinaus wird angeführt, dass die einheitliche Geldpolitik der EZB den wirtschaftlichen Unterschieden innerhalb der Eurozone nicht gerecht wird, da einige Länder von strikter Inflationskontrolle profitieren, während andere unter zu hohen Zinssätzen leiden. Trotz dieser Kritik bleibt das Mandat der EZB weitgehend unverändert, wobei immer wieder Debatten darüber geführt werden, ob eine Erweiterung um zusätzliche wirtschaftspolitische Ziele wie Beschäftigungsförderung oder nachhaltiges Wachstum sinnvoll wäre.
Wirtschaftliche Funktionen der EZB im Finanzplatz Frankfurt
Stabilisierung der Finanzmärkte
Die EZB hat eine herausragende Rolle bei der Stabilisierung der Finanzmärkte im Euro-Raum, insbesondere in Krisenzeiten. Als Lender of Last Resort (Kreditgeber der letzten Instanz) greift sie ein, um das Vertrauen in das Bankensystem und den Finanzmarkt zu gewährleisten. Während der Eurokrise hat die EZB mit Programmen wie dem Ankauf von Staatsanleihen und der Bereitstellung von Notkrediten zur Stabilisierung des Finanzsystems beigetragen. Diese Maßnahmen wirken sich direkt auf Frankfurt aus, da viele Banken und Finanzinstitutionen in dieser Region angesiedelt sind und von den EZB-Programmen profitieren. Die enge Zusammenarbeit mit anderen Finanzinstitutionen, wie der Deutschen Bundesbank und internationalen Akteuren wie dem Internationalen Währungsfonds (IWF), stärkt die wirtschaftliche Resilienz des Finanzplatzes Frankfurt. Diese Kooperation hat sich besonders in Krisenzeiten als erforderlich erwiesen und stellt sicher, dass die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für den Finanzsektor stabil bleiben.
Bankenaufsicht und Regulierung
Ein weiteres zentrales Aufgabengebiet der EZB ist die Bankenaufsicht. Seit der Einführung des Einheitlichen Aufsichtsmechanismus (SSM) im Jahr 2014 ist die EZB für die Aufsicht über systemrelevante Banken in der Eurozone verantwortlich. Diese Aufgabe hat die EZB nicht nur zu einer zentralen Instanz für die Finanzstabilität gemacht, sondern auch den Finanzplatz Frankfurt gestärkt. Die EZB führt regelmäßig Stresstests durch und stellt sicher, dass Banken ausreichend Kapitalreserven besitzen, um potenzielle Krisen abzufedern. Dies schafft Vertrauen in den Finanzplatz und sorgt für die langfristige Stabilität der Bankenlandschaft in Frankfurt. Durch die strikte Regulierung und die Förderung der Transparenz sorgt die EZB dafür, dass die Finanzmärkte in Frankfurt effizient und stabil arbeiten, was für Investoren und internationale Akteure von zentraler Bedeutung ist.
Die Rolle der EZB in der digitalen Transformation des Finanzmarktes
Mit der zunehmenden Digitalisierung und der technologischen Transformation des Finanzmarktes spielt die EZB eine entscheidende Rolle bei der Einführung neuer Technologien und der Sicherstellung der digitalen Währungsstabilität. Projekte wie der Digitale Euro und die Weiterentwicklung des TARGET2-Systems zur Verbesserung der Effizienz des europäischen Zahlungsverkehrs sind Beispiele dafür, wie die EZB den Finanzmarkt und insbesondere den Finanzplatz Frankfurt zukunftssicher macht. Das TARGET2-System, das von der EZB betrieben wird, ermöglicht grenzüberschreitende Zahlungen innerhalb der Eurozone und trägt zur Harmonisierung des europäischen Finanzmarkts bei. Dies fördert nicht nur die Finanzintegration, sondern stärkt auch die Rolle Frankfurts als Finanz- und Technologiezentrum.
Der Digitale Euro, ein weiteres zukunftsweisendes Projekt der EZB, könnte den Euro als Zahlungsmittel weiter stabilisieren und gegen den wachsenden Einfluss von Kryptowährungen ankämpfen. Frankfurt wird von diesen Entwicklungen stark profitieren, da es als Hub für Fintech-Unternehmen und als Zentrum für digitale Finanzlösungen eine wichtige Rolle spielt. Die Europäische Zentralbank hat sich als unverzichtbare Institution im Finanzplatz Frankfurt etabliert. Durch ihre Rolle in der Geldpolitik, der Finanzmarktregulierung und der Förderung von Innovationen sorgt die EZB nicht nur für die wirtschaftliche Stabilität in der Eurozone, sondern stärkt auch die Position Frankfurts als führendes Finanzzentrum. Ihre technokratische Unabhängigkeit und die Fähigkeit, durch unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen wie Zinserhöhungen und Ankaufprogramme die Finanzmärkte zu stabilisieren, haben sie zu einem zentralen Akteur im globalen Finanzsystem gemacht. Zudem wird der Finanzplatz Frankfurt durch die digitale Transformation des Finanzmarktes, die von der EZB maßgeblich mitgestaltet wird, langfristig gestärkt.
Die EZB hat in den letzten Jahren ihre Funktion über die klassische Geldpolitik hinaus ausgedehnt und nimmt heute auch eine bedeutende politische Rolle ein, insbesondere in Krisenzeiten. Ihre Fähigkeit, den Euro zu stabilisieren und die wirtschaftliche Resilienz der Eurozone zu fördern, macht die EZB zu einem unverzichtbaren Bestandteil des Finanzplatzes Frankfurt und zu einem wesentlichen Akteur auf den globalen Finanzmärkten.
C: Gesellschaftspolitische Relevanz
Inwiefern kann die EZB mit ihren geldpolitischen Instrumenten Umwelt- und Nachhaltigkeitsziele fördern?
Überblick über grüne Transformation im Finanzsektor
Die Eindämmung des Klimawandels ist eine der zentralen Vorhaben der Europäischen Union. Um diesen Herausforderungen wirksam zu begegnen, bedarf es einer engen Verknüpfung von Klimapolitik und Finanzpolitik auf europäischer Ebene (Europäische Zentralbank 2021a). Der Klimawandel fordert den Finanzsektor auf europäischer Ebene in mehrfacher Hinsicht. Durch den Klimawandel entstehen große Risiken für die Stabilität der Finanzwirtschaft, wodurch Unsicherheiten zunehmen. Daher braucht der Finanzsektor Antworten auf den Klimawandel, um diesen Risiken zu begegnen. Die Europäische Zentralbank spielt hierbei eine zentrale Rolle. Sie hat verschiedene Maßnahmen ergriffen, um Klimarisiken zu adressieren und nachhaltige Finanzpraktiken zu unterstützen. Spätestens seit der EZB-Präsidentschaft von Christine Lagarde 2019 wurde die grüne Transformation essenzieller Teil der Geldpolitik der EZB (Tokarski 2021: 5).
Die größten durch den Klimawandel entstehenden Risiken sind physische Risiken. Sie beschreiben direkte Auswirkungen auf das Finanzsystem, beispielsweise aufgrund von Extremwetter-Ereignissen. Auch Transformationsrisiken sind bedeutend. Diese zielen auf den unternehmerischen Prozess der Umstellung auf Klimaneutralität und die dadurch entstehenden Kosten ab (Tokarski 2021: 7). Darüber lassen sich weitere Risiken identifizieren, die hier aufgrund der Kürze nicht erläutert werden können (vgl. Tokarski 2021: 9-10).
Jenseits der Geldpolitik gibt prinzipiell zwei Maßnahmen, die grüne Transformation des Finanzsektors voranzutreiben: 1.Verbale Interventionen – Kommunikation mit Marktteilnehmenden: Die EZB kann durch Reden, Pressekonferenzen und Interviews den Klimawandel weit oben auf der wirtschaftspolitischen Agenda platzieren. Darüber hinaus tritt sie in Kontakt mit Staats- und Regierungschefs, um hier einen Rahmen für grüne, klimafreundliche Investitionen zu schaffen (Tokarski 2024: 24). 2. Förderung der Forschung zur Klimapolitik in diesem Bereich: 2021 richtete die EZB das Kompetenzzentrum Klimawandel ein, um die Klimarisiken verstärkt in Finanzmodelle und Analysen einzubeziehen (Tokarski 2024: 25). Dieses ist in fünf sogenannten Workstreams strukturiert, die sich mit 1) Finanzstabilität und Aufsichtspolitik, 2) makroökonomischer Analyse und Geldpolitik, 3) Finanzmarktgeschäfte und -risiken, 4) EU-Politik und Finanzmarktregulierung sowie 5) Nachhaltigkeit von Unternehmen beschäftigen (Europäische Zentralbank 2021a: 1-2). Es geht also verstärkt um die Beobachtung, Analyse und Bewertung der Auswirkungen des Klimawandels auf den Finanzsektor. Wichtig ist hierbei auch das Vervollständigen und Harmonisieren von Datenbanken, auf die Banken und Aufsichtsbehörden zurückgreifen (Tokarski 2021: 26). Diese beiden Punkte sind recht einfach umzusetzen. Im Folgenden soll jedoch die Frage im Mittelpunkt stehen, mit welchen geldpolitischen Instrumenten die EZB die grüne Transformation im Finanzsektor fördern und vorantreiben kann.
Wie können die geldpolitischen Instrumente nachhaltig genutzt werden?
Zentralbanken besitzen grundsätzlich eine Reihe von Möglichkeiten auf finanzielle Risiken und Auswirkungen des Klimawandels zu reagieren (Kriwoluzky/Volz 2023: 21). Im Rahmen der geldpolitischen Instrumente einer Zentralbank können Aspekte des Klimawandels und der Nachhaltigkeit zum Beispiel beim Ankauf von Vermögenswerten, bei Kreditgeschäften oder im Zuge des Sicherheitsrahmens bei notenbankfähigen Sicherheiten berücksichtigt werden (Kriwoluzky/Volz 2023: 21-23).
Im Ankauf von Vermögenswerten kann eine Zentralbank beispielsweise den Ansatz verfolgen, dass entweder der Kauf von Wertpapieren von Unternehmen zusätzlich auch auf klimabezogene Kriterien und Risiken ausgerichtet wird. Darüber hinaus können Wertpapiere, die bestimmte klimabezogene Kriterien nicht erfüllen, vom Ankauf durch die Zentralbank ausgeschlossen werden (Kriwoluzky/Volz 2023: 22-23). Die EZB zielt dabei in ihrem Maßnahmenplan zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie von 2021 darauf ab, dass beim Ankauf von Unternehmensanleihen Klimakriterien im Einklang mit ihrem Mandat berücksichtigt werden müssen (Europäische Zentralbank 2021b). Ein zentrales Kriterium ist zum Beispiel, dass die Anleiheemittenten im Einklang mit den rechtlichen Vorschriften der EU zur Verwirklichung des Pariser Klimaabkommens sein müssen. Zusätzlich sollen zum Ankauf von Wertpapieren aus dem Unternehmenssektor nur Emittenten zugelassen sein, die unternehmensspezifische ökologische bzw. nachhaltige Aspekte offenlegen. Außerdem möchte die EZB dem Maßnahmenplan von 2021 nach Informationen zur Nachhaltigkeit bzw. zum Klima beim Ankauf von Vermögenswerten von Unternehmen im Rahmen des Corporate Sector Purchase Programme (CSPP) veröffentlichen (Europäische Zentralbank 2021b). Derartige nachhaltige Anleihekäufe im Rahmen der unkonventionellen geldpolitischen Maßnahme der quantitativen Lockerung werden dabei häufig auch als „grüne quantitative Lockerung“ bezeichnet (Li/von Schickfus 2021: 54).
Auch im Zuge der Kreditgeschäfte einer Zentralbank können nachhaltigkeitsbezogene Aspekte berücksichtigt werden (Kriwoluzky/Volz 2023: 21, 23). Eine erste Möglichkeit besteht hier darin, dass Zentralbanken den Zinssatz für Kreditfazilitäten in Abhängigkeit davon gestalten, inwieweit die kreditnehmende Finanzinstitution mit ihrer Kreditvergabe und ihrem Geschäftsmodell zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft beiträgt. Eine zweite Möglichkeit ist, dass Zentralbanken den Zinssatz davon abhängig machen, in welchem Umfang kohlenstoffarme Vermögenswerte als Sicherheit hinterlegt werden, oder sogar eine eigene Kreditfazilität auflegen, die ausschließlich über nachhaltige Vermögenswerte genutzt werden kann. Zuletzt können Zentralbanken die Nutzung bestimmter Kreditfazilitäten in Abhängigkeit von der Offenlegung klimabezogener Informationen durch die kreditnehmenden Finanzinstitutionen stellen. Solche Ansätze werden von dem Großteil der Vertreter der Zentralbanken in Europa jedoch kritisch gesehen (Kriwoluzky/Volz 2023: 21).
Eine dritte Möglichkeit ergibt sich für Zentralbanken über die Kriterien für die Auswahl von zugelassenen notenbankfähigen Sicherheiten im Sicherheitsrahmen, die Finanzinstitutionen im Zuge eines Kredits bei der Zentralbank als Sicherheit hinterlegen müssen (Kriwoluzky/Volz 2023: 21-22, 23). Dies kann beispielsweise über den Ausschluss von Wertpapieren bzw. Anlageklassen als notenbankfähige Sicherheiten erfolgen, die nicht nachhaltig sind, oder auch über die Anpassung von Bewertungsabschlägen. Umso höher der Bewertungsabschlag, der häufig auch als „Haircut“ bezeichnet wird, bei einer notenbankfähigen Sicherheit ist, desto geringer fällt der Kredit aus, den die Finanzinstitution im Gegenzug zur hinterlegten Sicherheit bei der Zentralbank aufnehmen kann (Li/von Schickfus 2021: 55-56). Das Instrument der notenbankfähigen Sicherheiten als Mittel zur Unterstützung der grünen Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist dabei dahingehend vorteilhaft, dass es beispielsweise im Gegensatz zum Instrument der Anleihekäufe im Rahmen der unkonventionellen Geldpolitik der quantitativen Lockerung auch abseits von Krisenzeiten wirkungsvoll eingesetzt werden kann. Die EZB verfolgt diesen Ansatz in dem Maßnahmenplan zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie von 2021 dadurch, dass zum einen an Nachhaltigkeitsziele gebundene Anleihen als notenbankfähige Sicherheit zugelassen sind und zum anderen, dass relevante Risiken durch den Klimawandel bei notenbankfähigen Sicherheiten berücksichtigt werden sollen (Europäische Zentralbank 2021b). Des Weiteren soll wie bei den Anleihekaufprogrammen auch bei notenbankfähigen Sicherheiten zur Voraussetzung für deren Zulassung werden, dass unternehmensspezifische ökologische und nachhaltige Aspekte offengelegt werden (Europäische Zentralbank 2021b).
Zuletzt können Zentralbanken die grüne Transformation hin zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft neben geldpolitischen Instrumente auch über Finanzmarktregulierung und -aufsicht und weitere Maßnahmen unterstützen. Dazu zählen beispielsweise ein Dialog über Nachhaltigkeit mit anderen Finanzakteuren oder der Aufbau einer kritischen Finanzarchitektur für nachhaltige Finanzen (Kriwoluzky/Volz 2023: 23-25).
Literaturverzeichnis
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Europäisches Parlament. (2023). Europäische Geldpolitik und ihre Instrumente. Abgerufen am 24. Januar 2025, vonhttps://www.europarl.europa.eu/factsheets/de/sheet/86/europaische-geldpolitik
Europäische Zentralbank. (2023). Monetary policy instruments. Abgerufen am 24. Januar 2025, von https://www.ecb.europa.eu/mopo/implement/html/index.en.html
Europäische Zentralbank (2021a): Pressemitteilung – EZB errichtet Kompetenzzentrum Klimawandel. Abgerufen am 27. Januar 2025 von https://www.bundesbank.de/resource/blob/856968/e337a69be91ea59b399679 11df1176e5/mL/2021-01-25-kompetenzzentrum-klimawandel-download.pdf
Europäische Zentralbank (2021b): Pressemitteilung – EZB präsentiert Maßnahmenplan zur Berücksichtigung von Klimaschutzaspekten in ihrer geldpolitischen Strategie, von https://www.ecb.europa.eu/press/pr/date/2021/html/ecb.pr210708_1~f104919225.de.html , abgerufen am 27. Januar 2025.
Europäische Zentralbank (2023): Annual Report 2023 https://www.ecb.europa.eu/pub/pdf/annrep/ecb.ar2023~d033c21ac2.en.pdf
Kriwoluzky, Alexander/Volz, Ulrich (2023): Geldpolitik in der Zeitenwende – Wie umgehen mit der Klimakrise?, in: Nachhaltige Soziale Marktwirtschaft, Focus Paper #9, hg. von Bertelsmannstiftung, Gütersloh. https://doi.org/10.11586/2023033
Li, Celine/von Schickfus, Marie-Theres (2021): Kurz zum Klima: Zentralbanken und „grüne Geldpolitik“, in: ifo Schnelldienst, 74:8, S. 53-60. https://hdl.handle.net/10419/250807
Tokarski, Pawel (2021): EZB, Klimawandel und Finanzstabilität – Wohin steuert das geldpolitische Engagement?, in: SWP-Studie, hg. von Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin. 10.18449/2021S20
Tokarski, Pawel (2016): Die Europäische Zentralbank als politischer Akteur in der Eurokrise: Mandat, Stellung und Handeln der EZB in einer unvollständigen Währungsunion, in: SWP-Studie, hg. Von Stiftung Wissenschaft und Politik, Berlin.

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