Von Lucas Abegaz, Katharina Heuberger & Sebastian Begenat
Übersicht
Die Commerzbank AG ist ein traditionsreiches deutsches Kreditinstitut mit Universalbankstatus. Sie wurde 1870 in Hamburg von einem Konsortium aus Kaufleuten, Merchant Bankern und Privatbankiers unter dem Namen Commerz- und Disconto-Bank gegründet (Commerzbank, 2024). In 2008, machte die Commerzbank mit der spektakulären Übernahme der Dresdner Bank internationaler Schlagzeilen. Die Dresdner Bank, ein direkter Konkurrent der Commerzbank, war wegen der globalen Finanzkrise in Probleme geraten. Durch die Übernahme stieg die Commerzbank zur zweitgrößten Bank in Deutschland auf.

Die Commerzbank AG ist im Deutschen Aktienindex (DAX) notiert und beschäftigt rund 42.000 Mitarbeiter (Commerzbank, 2024). Im Geschäftsjahr 2023 konnte sie einen Gewinn von etwa 2,2 Milliarden Euro erwirtschaften (Statista, 2024). Zu den wichtigen Anteilseignern der Commerzbank zählen die Bundesrepublik Deutschland und die italienische Bank UniCredit (Commerzbank, 2025). Die Führungskräfte der Commerzbank sind Vorstandsvorsitzende Bettina Orlopp und Aufsichtsratsvorsitzender Jens Weidmann. Der Standort der Commerzbank AG liegt am Kaiserplatz, 60311 Frankfurt am Main.
Wirtschaftliche Funktion
Die Commerzbank AG ist eine der bedeutendsten Universalbanken Deutschlands und ihr Hauptsitz, der sogennante Commerzbank Tower, ist eines der prominentesten Gebäude des Finanzplatzes Frankfurt.
Eine wichtige wirtschaftliche Funktion der Commerzbank ist die Unterstützung des Mittelstands, der in der Rhein-Main-Region besonders stark vertreten ist. Die Commerzbank hat sich als „Mittelstandsbank“ profiliert und bietet kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) umfassende Dienstleistungen an. Dazu zählen Finanzierungsmodelle, Liquiditäts-management, Exportfinanzierungen und Risikomanagement.
Neben der Unterstützung des Mittelstands bietet die Commerzbank umfassende Finanzdientleistungen für Privatkunden an. Dazu gehören Girokonten und Sparkonten, sowie Kredite, Wertpapierdepots, Versicherungen, und die Vermögensverwaltung. Ein weiterer wirtschaftlicher Aspekt der Commerzbank ist ihre internationale Ausrichtung. Die Bank gehört zu den führenden Instituten in der Finanzierung des international Warenhandels, und im internationalen Devisenhandel.
Die Commerzbank arbeitet eng mit politischen und institutionellen Akteuren in Frankfurt und Hessen zusammen und engagiert sich aktiv in Initiativen, die darauf abzielen, den Finanzplatz Frankfurt zu stärken und zukunftssicher zu machen. Ein wichtiger Aspekt dieses Engagements ist die Förderung von Innovationen im Bereich der Finanztechnologie (FinTech).
In den letzten Jahren stand die Commerzbank immer wieder im Fokus von Übernahmeversuchen durch ausländische Investoren. Diese Versuche haben politisches und gesellschaftliches Aufsehen erregt, da die Übernahme durch ein ausländisches Institut die Rolle der Bank am Finanzplatz Frankfurt in Frage stellen könnte. Hessens Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) und Frankfurts Oberbürgermeister Mike Josef (SPD) haben in diesem Zusammenhang zuletzt betont, wie wichtig die Commerzbank für die wirtschaftliche Stabilität und die Beschäftigung in der Region sei.
Gesellschaftspolitische Bedeutung
„Banking wird immer gebraucht werden“, betonte unser Interviewpartner, ein ehemaliger Analyst der Commerzbank. Aber wie sich die Aufgaben und Strukturen der Commerzbank AG in Zukunft gestalten, bleibe offen. Der Trend gehe klar in Richtung einer Verschlankung der Standorte, was nicht nur die Commerzbank, sondern die gesamte Bankenbranche betrifft.
Ein Grund für diesen Trend sind die Folgen der Corona-Pandemie, die zu einem radikalen Wandel der Arbeitsrealitäten geführt hat. Das Homeoffice, zunächst eine Übergangslösung, hat sich in vielen Bereichen als normaler Bestandteil des Arbeitsalltags etabliert. „Das Leben wird in die Peripherie verteilt“, erklärte unser Interviewpartner. Viele Mitarbeitende haben sich entschieden, Frankfurt zu verlassen, da sie die hohen Lebenshaltungskosten der Stadt nicht mehr rechtfertigen können, wenn sie ihre Aufgaben auch aus dem Homeoffice erledigen können.
Dies führte zu einer Abwanderung aus dem Stadtzentrum und wird vermutlich auch die soziale und wirtschaftliche Struktur des Finanzplatzes Frankfurt verändern. Wo zuvor tausende Pendler täglich in die Bankenhochburg strömten, ist der Verkehr auch nach der Pandemie geringer, was auch die Nachfrage nach gastronomischen Angeboten und anderen Dienstleistungen rund um die Bankentürme verringert hat. Mit diesem Fernbleiben werden nicht nur große Bürogebäude überflüssig, sondern der komplette Arbeitsumgang muss umgestellt werden.
Unser Interviewpartner verriet, dass sich die Commerzbank daher derzeit nach einem kleineren Tower in der Stadt umsehe. Zwar soll die Zentrale in Frankfurt nicht aufgegeben werden, doch der bisher genutzte Platzbedarf werde nicht mehr benötigt. Die Wirtschaftlichkeit dieses Ansatzes wird allerdings kritisch hinterfragt, da unklar bleibt, ob die verbleibenden Kapazitäten den künftigen Anforderungen gerecht werden.
Ein weiterer Grund für Veränderungen in der Commerzbank AG und im Frankfurter Bankenviertel, ist die fortschreitende Automatisierung. Künstliche Intelligenz (KI) hat bereits begonnen, viele Aufgaben zu übernehmen, die früher von Menschen ausgeführt wurden. Insbesondere in der Bankenbranche, wo große Datenmengen verarbeitet und analysiert werden müssen, spielt die KI eine immer wichtigere Rolle.
„Um Datenbestände zu pflegen, braucht es heutzutage keine Menschen mehr. KI kann einen Großteil dieser Aufgaben übernehmen“, so unser Interviewpartner. Dies hat jedoch auch eine Kehrseite. Einige Jobs, die früher als unverzichtbar galten, brechen ganz weg. Der Bedarf an klassischen Bürotätigkeiten nimmt ab, während die Nachfrage nach IT-Experten steigt. Menschen, die komplexe Programme entwickeln und Fehler beheben können, sind gefragter denn je. Allerdings entstehen hier keine flächendeckenden Arbeitsplätze, sondern hochspezialisierte Positionen, die nur von einer kleinen Gruppe von Experten besetzt werden können.
Der Rückzug aus großen Büroflächen, die zunehmende Bedeutung des Homeoffices, und die fortschreitende Automatisierung des Bankengeschäfts werfen Fragen nach der Zukunft des Finanzplatzes Frankfurt auf. Wird die Stadt langfristig ihre Rolle als Dreh- und Angelpunkt der deutschen Finanzwelt erhalten? Diese Frage ist von besonderer Bedeutung für die gesamte Wirtschaft der Stadt, und der Rhein-Main-Region, da zahlreiche Branchen, von der Gastronomie oder Hotellerie bis hin zum öffentlichen Nahverkehr, von der Präsenz der Banken abhängig sind.
Dabei stellt sich auch die Frage, ob Banken, wie die Commerzbank AG, in Frankfurt die notwendigen Rahmenbedingungen finden. Die Europäische Zentralbank (EZB) und zahlreiche internationale Finanzinstitute tragen dazu bei, Frankfurt als Knotenpunkt zu stärken. Doch dieser Status könnte gefährdet sein, wenn andere globale Finanzzentren wie London, New York oder Singapur durch technologische Innovationen und wettbewerbsfreundlichere Rahmenbedingungen Marktanteile gewinnen.
Die Politik steht daher vor der Herausforderung, die internationale Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Frankfurts abzusichern, und gleichzeitig die sozialpolitischen Auswirkungen der beschriebenen Veränderungsprozesse aufzufangen. Dazu bedarf es einer engen Zusammen-arbeit zwischen Politik, Wirtschaft und Bildungseinrichtungen. Nur durch gezielte Maßnahmen kann sichergestellt werden, dass der Wandel wirtschaftlich, aber auch sozial und politisch nachhaltig gestaltet wird.
Welche politischen Probleme und Fragestellungen ergeben sich mit Blick auf die Institution aus Sicht der Internationalen und Vergleichenden Politischen Ökonomie?
Banken bieten Leistungen für den Kredit-, Kapital- und Zahlungsverkehr an. Wichtig ist dabei die Versorgung der Wirtschaft mit Liquidität, also Geld. Jedoch gibt es insbesondere für Banken zahlreiche gesetzliche Vorschriften, die bei der Vergabe von Krediten oder beim Erstellen von Konten einzuhalten sind, um nicht straffällig zu werden. Dies leitet auf den Begriff der Compliance über. Der englische Begriff lässt sich übersetzen mit „Einhaltung, Beachtung oder auch Übereinstimmung (von Gesetzen und Regeln)“ (Kette/Barnutz, 2019).
Die Einhaltung von Regeln deckt dabei große Themengebiete ab. Dabei können sich sowohl Unternehmen selbst Regelwerke auferlegen, oder aber sie müssen die Regeln und Vorgaben (Normen) der Gesetzgeber achten und befolgen. Diese betreffen etwa Fragen des Kartellrechts, des Datenschutzes, oder der Geldwäsche (Kette/Barnutz, 2019: 8). Sie betreffen aber auch die Einhaltung von internationalen Sanktionen.. Diese soll hier thematisch am Beispiel der Commerzbank ausgeführt werden.
Bei internationalen Sanktionsregimen handelt es sich um „Beschränkungen im Bereich des Kapital- und Zahlungsverkehrs“ (Bundesbank 2024). Diese ergeben sich in Deutschland aus Beschlüssen des „Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, des Rates der Europäischen Union und der inländischen Behörden […] Verstöße können gemäß §§ 18 und 19 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) sowie § 82 Außenwirtschaftsverordnung (AWV) […] in bestimmten Fällen als Straftat geahndet werden“ (Deutsche Bundesbank, 2024). Konkret bedeutet dies, dass die Möglichkeit, Geschäfte mit Unternehmen in einigen Ländern zu tätigen, durch regulatorische Maßnahmen erschwert werden, zum Beispiel durch Embargos, welche die Freiheit im Außenwirtschaftsverkehr gegenüber bestimmten Ländern beschränken (Deutscher Bundestag, 2022).
Sanktioniert beziehungsweise mit Embargos belegt werden können sowohl Geschäfte und der Handel mit bestimmten Ländern aber auch mit natürlichen Personen. Eine Liste mit Embargos lässt sich beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) einsehen. Dort lässt sich nachvollziehen, dass unter anderem die Russische Föderation mit zahlreichen Embargos belegt ist und ein Handel de facto nicht mehr möglich ist (Deutscher Bundestag, 2022).
Für die Commerzbank ist dies eine große Herausforderung, da die Bank fast ein Drittel des deutschen Außenwirtschaftshandels abwickelt (Commerzbank, 2024). Auch in Russland hat die Commerzbank eine Repräsentanz. Jedoch ist diese aufgrund der Embargos kaum handlungsfähig, außerdem ist der Geschäftsverkehr (Interbankenmarkt) mit anderen russischen Banken nicht mehr möglich, da diese aus dem internationalen Zahlungsverkehr in Folge des Angriffskrieges gegen die Ukraine ausgeschlossen wurden. Daher ist die Commerzbank mit der Frage konfrontiert, wie sie als internationale Bank in einer Internationalen Ökonomie mit solchen Regelungen umgeht und etwaige Verluste (auch durch Strafmaßnahmen russischer Behörden) kompensiert und Risiken minimiert (etwa durch Vorhaltung von Eigenkapital).
Eine weiteres Phänomen, das die Commerzbank vor große Herausforderungen stellt, sind die sogenannten Sekundärsanktionen. Diese kommen im Zusammenhang mit der US-amerikanischen Gesetzgebung zum Tragen. Dabei werden „Unternehmen weltweit in die Pflicht genommen, auch ohne dass ein hinreichender US-Bezug besteht“ (Deutscher Bundestag, 2022: 4) Konkret verbieten die USA Unternehmen bestimmte Geschäfte mit Unternehmen etwa aus dem Iran. Sollte dagegen verstoßen werden, kann es zu Geldstrafen kommen, aber auch zum Ausschluss aus dem US-Finanzmarkt. So ist es auch der Commerzbank ergangen. Diese wurde zwar nicht aus dem US-Finanzmarkt ausgeschlossen, jedoch musste sie im Jahre 2015 eine Geldstrafe von 1,45 Milliarden Dollar zahlen, da sie Geschäfte für iranische und sudanesische Kunden abgewickelt hatte.
Die Strafzahlung ist bemerkenswert, da die Commerzbank als deutsche Bank mit Kunden aus dem Iran und Sudan Geschäfte gemacht hat, die nach deutschem und EU-Recht auch womöglich legal waren. Eine Beteiligung von Firmen aus den USA gab es nicht. Trotzdem musste sich die Commerzbank diesem Urteil beugen, um weiterhin im US-Markt tätig sein zu können.
Literaturverzeichnis:
Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (2024) Übersicht über die länderbezogenen Embargos, verfügbar unter: https://www.bafa.de/SharedDocs/Downloads/DE/Aussenwirtschaft/afk_embargo_uebersicht_laenderbezogene_embargos.html.
Commerzbank (2024) Basispräsentation der Commerzbank, verfügbar unter: https://www.commerzbank.de/konzern/newsroom/publikationen/basispraesentation-commerzbank.html.
Commerzbank (2025) Aktionärsstruktur der Commerzbank AG, verfügbar auf: https://investor-relations.commerzbank.com/de/aktionaersstruktur.
Deutsche Bundesbank (2024) Merkblatt zur Einhaltung von Finanzsanktionen, verfügbar auf:https://www.bundesbank.de/resource/blob/843142/1bf4bcbf0319c8d0bb8269841f0f9c4a/472B63F073F071307366337C94F8C870/merkblatt-einhaltung-data.pdf.
Kette, Sven; Barnutz, Sebastian (2019) Compliance managen: Eine sehr kurze Einführung. Wiesbaden: Springer VS.
Statista (2024) Daten & Fakten zur Commerzbank, verfügbar unter: https://de.statista.com/themen/210/commerzbank-ag/#topicOverview.
Deutscher Bundestag (2022) Sekundärsanktionen als Mittel der Außenpolitik, Sachstand der Wissenschaftlichen Dienste des Deutschen Bundestages, verfügbar auf: https://www.bundestag.de/resource/blob/919480/21f86129672c1fda95e32489cc981882/WD-5-122-22-pdf.pdf.
Zeit Online (2015) USA verhängen Milliardenstrafe gegen Commerzbank, in: Zeit Online, 12.03.2015, https://www.zeit.de/wirtschaft/2015-03/commerzbank-usa-sanktionen-strafzahlung.

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